

Thomas Zielke bringt die dritte Ladung an Backwaren in die Waller Filiale von "Gutes von Gestern". (Frank Thomas Koch)
7.30 Uhr in Walle: Thomas Zielke lädt gerade den LKW aus. 25 Kisten gefüllt mit Backwaren: Brot, Brötchen, Laugengebäck, süße Teilchen. Zielke arbeitet für die Bäckerei Meyer-Mönchhoff. 70 Filialen hat das Unternehmen, von Bremerhaven bis Cloppenburg. In Walle gibt es eine besondere: Bei „Gutes von Gestern“ gibt es nur Brot und Kuchen vom Vortag zu kaufen. Die Filiale ist einer der Wege, mit dem Meyer-Mönchhoff übrig gebliebene Lebensmittel vor der Mülltonne retten will.
2018 hat die Umweltstiftung WWF eine Studie zur Verschwendung von Brot- und Backwaren in Deutschland veröffentlicht. Das Ergebnis: Es gibt einen Verlust von 1,7 Millionen Tonnen Backwaren pro Jahr. Das ist die Ernte von 398.000 Hektar Ackerland – eine Fläche größer als Mallorca. Für fast die Hälfte davon sind Verbraucher verantwortlich, 36 Prozent sind Retouren aus Bäckereien, also die nicht verkaufte Ware am Ende des Tages.
Die Bäckerei Meyer-Mönchhoff will diesen Lebensmitteln noch eine Chance geben – zum halben Preis. 1,13 Euro für ein Weißbrot, 1,90 Euro für das Dinkelbrot. Ein Kilogramm Brot des Monats kostet 1,58 Euro. Seit halb fünf ist Thomas Zielke unterwegs, um Backwaren in Filialen abzuholen, die dort am Vortag nicht verkauft worden sind. Seine ist eine von vier Touren, die „Gutes von Gestern“ an diesem Tag erreichen wird.
„Das ganze Frischesortiment wird in der Filiale angeboten“, sagt Karin Höveler aus der Bereichsleitung von Meyer-Mönchhoff in Bremen. Nur die Sahneartikel nicht – alles andere könne noch verkauft werden. Was genau jeden Tag im Geschäft in Walle ankomme, wisse sie allerdings nicht. „Das sind Überraschungspakete.“ Das gestalte das Einräumen an machen Tagen schwieriger, weil vorab nicht geplant werden könne. „Hier hätte ich jetzt noch gerne was“, sagt Verkäuferin Ulrike Heuer und zeigt auf die Lücke im Brotregal.
Den Vorgaben der Supermärkte folgen
Nach Angaben des WWF liegen die Retouren im Schnitt bei zwölf bis 15 Prozent der produzierten Ware. Ähnliche Zahlen habe auch die Bäckerei Meyer-Mönchhoff, sagt Höveler. Bei kleineren Betrieben gibt es nach Angaben des WWF deutlich weniger Retouren. „Unser Problem ist, dass wir in Bremen viele Filialen in den Vorverkaufszonen haben“, erklärt Höveler. „Dort müssen wir den Vorgaben der Supermärkte folgen. Das bedeutet: frische Ware bis zum Ladenschluss. Da werden dann auch mal Testkäufe gemacht, um zu schauen, ob wir abends noch gut bestückt sind.“
„Die Öffnungszeiten von Supermärkten sind im Laufe der Jahre ausgedehnt worden“, sagt Thomas Stockinger, Geschäftsführer von Meyer-Mönchhoff. „Abends wird beim Bäcker aber nicht mehr viel gekauft.“ Nur, weil es längere Öffnungszeiten gebe, bräuchten die Kunden auch mehr Lebensmittel, sagt Stockinger. Dadurch entstehe eine Situation, in der es zu einem Überfluss an Ware komme. Mit der „Gutes-von-Gestern“-Filiale wolle Meyer-Mönchhoff dieses Überangebot sinnvoll nutzen. Besonders dort, wo das Geld nicht so locker sitzt. „Das ist wie der Outlet-Bereich im Supermarkt.“
Dennoch sei es nicht möglich, das Konzept für alle Altwaren anzubieten. „Wir können nicht in jedem Stadtteil eine ,Gutes-von-Gestern'-Filiale haben.“ Vor einigen Jahren gab es mal eine in Blumenthal, die aber wieder geschlossen wurde. Auch in Oberneuland könnte sich Stockinger das nicht vorstellen. „Viele Kunden wollen eben gerne frische Ware haben.“ In Walle funktioniert es – seit 20 Jahren: „Vom Umsatz schlägt sie so manche Frische-Filiale“, sagt Höveler.
Bäcker-Innung Bremen beschäftigt sich nicht mit übrig gebliebener Ware
Was nicht in der „Gutes von Gestern“-Filiale verkauft wird, werde gespendet, zu Tierfutter verarbeitet oder lande im Natursauerteig, so Höveler. „Im Kreislauf kommt relativ wenig weg“, sagt Stockinger. Höveler: „Es gibt aber auch immer einen Rest für die große Tonne.“ Darum werde daran gearbeitet, Bestellungen zu optimieren und dadurch die Quote an Retouren zu verringern. Im Umgang mit übrig gebliebener Ware sind Bäckereien auf sich alleine gestellt: Die Bäcker-Innung Bremen beschäftigt sich nicht damit, Leitlinien oder Empfehlungen gebe es keine, sagt Stefan Schiebe, Geschäftsführer der Innung. „Das handhabt jede Bäckerei anders.“ Aber auch andere folgen dem Konzept, Backwaren vom Vortag zum halben Preis anzubieten. Zum Beispiel die Bäckerei Orlamünde: Dienstags und donnerstags verkauft sie Brot und Brötchen von gestern auf dem Wochenmarkt Osterholz.
Um 8.30 Uhr kommen die ersten Kunden in den „Gutes-von-Gestern“-Laden. „Der Arbeitsablauf und die Kunden sind hier wie in jeder anderen Filiale auch“, sagt Verkäuferin Andrea Heuer. Allerdings sind die Öffnungszeiten kürzer und Bestellungen können nicht aufgegeben werden. Heuer und ihre Kollegen sichten jedes Brot und jedes Brötchen. „Wir können viel von der Ware nutzen, die hier ankommt. Wir sind die Lebensmittel-Retter.“
August 02, 2020 at 10:00AM
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