
Preisträger: Mohamed Mbougar Sarr
Foto: JOEL SAGET / AFPEine so weitreichende Entscheidung sollte nicht mit leerem Magen gefällt werden. Deswegen ist es erfreulich, dass die Jury, die über den wichtigsten französischen Literaturpreis, den Prix Goncourt, entscheidet, in diesem Jahr wieder im Pariser Restaurant Drouant tagen konnte – bei einem Mittagessen. 2020 hatte sich die Jury nur virtuell treffen können.
In der finalen Abstimmung entschieden sich sechs Akademiemitglieder – und damit die Mehrheit – für den senegalesischen Schriftsteller Mohamed Mbougar Sarr mit »La plus secrète mémoire des hommes« (deutsch: Die geheimste Erinnerung der Menschen). Der Roman des mehrfach ausgezeichneten 31-jährigen Autors handelt von einem jungen Schriftsteller, der in Paris ein legendäres Buch aus dem Jahr 1938 entdeckt und sich auf die Spuren des auf mysteriöse Weise verschwundenen Autors macht, der als »schwarzer Rimbaud« bezeichnet wurde.
Es ist das vierte Buch von Mohamed Mbougar Sarr, bisher wurde noch keines in die deutsche Sprache übersetzt.
In der engeren Auswahl für den Prix Goncourt, mit dem das »beste Prosawerk des Jahres« ausgezeichnet wird, standen 2021 außerdem der mehrfach preisgekrönte Sorj Chalandon mit »Enfant de salaud« (dt. Kind eines Dreckskerls). Darin erzählt der 69-Jährige, wie er die Wahrheit über seinen Vater entdeckt, der während des Zweiten Weltkriegs mit den deutschen Besatzern kollaborierte. »Milwaukee Blues« von Louis-Philippe Dalembert ist von der Ermordung des Afroamerikaners George Floyd durch einen weißen Polizeibeamten inspiriert. Die einzige Frau unter den vier Favoriten für den Prix Goncourt war Christine Angot mit »Die Reise nach Osten« über den Inzest, dem sie zum Opfer wurde.
Als Goncourt-Preisträger erhält Mohamed Mbougar Sarr zwar nur die symbolische Summe von zehn Euro, kann nun aber mit einem Verkaufserfolg rechnen; er reiht sich in eine traditionsreiche Siegerliste ein, die seit 1903 geführt wird. Unter anderem wurden Marcel Proust und André Malraux, Simone de Beauvoir und Michel Houellebecq ausgezeichnet. 2020 ging der Preis an Hervé Le Tellier, 2018 an Nicolas Mathieu, 2016 gewann Leïla Slimani.
Der Prix Renaudot, den eine Jury aus der Literaturkritik traditionell direkt im Anschluss vergibt, geht an die auch in Deutschland seit Jahren bekannte belgische Autorin Amélie Nothomb für den Roman »Premier sang«.
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