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Kroatien bei der EM: "Solange Luka Modrić nicht zurücktritt, gibt es keinen Neustart" - ZEIT ONLINE

Eine EM in ganz Europa, deshalb sprechen wir mit ganz Europa. Fast zumindest. Während des Turniers reden wir jeden Spieltag mit einem Sportjournalisten aus einem Teilnehmerland. Heute mit Aleksandar Holiga aus Kroatien.

ZEIT ONLINE: Herr Holiga, Kroatien tritt bei dieser EM bisher nicht auf wie ein Vizeweltmeister. Woran liegt das?

Aleksandar Holiga: Die Mannschaft ist nicht mehr die gleiche wie 2018. Wichtige Spieler wie Ivan Rakitić oder Mario Mandžukić sind zurückgetreten. Das war zwar kein abrupter Generationenwechsel, es ist immer noch das Team von und mit Luka Modrić. Aber im Vergleich zu 2018 hat sich einiges geändert. Und dann hat der Trainer Zlatko Dalić in den ersten beiden Spielen plötzlich mit der Aufstellung experimentiert und anders spielen lassen als zuvor. Das hat nicht funktioniert.

ZEIT ONLINE: Gegen Schottland hat er wieder umgestellt, Kroatien gewann 3:1. Hat die Mannschaft sich jetzt gefangen?

Holiga: Das Team ist besser, als es die Leistungen gegen England (0:2) und Tschechien (1:1) vermuten lassen. Aber aus diesem einen Spiel gegen Schottland kann man keine großen Schlüsse für das weitere Turnier ziehen. Spanien ist ein viel stärkerer Gegner, hinzu kommt der coronabedingte Ausfall von Ivan Perišić. Und dann noch die Gelbsperre von Dejan Lovren, das macht die ohnehin instabile Defensive noch anfälliger.

ZEIT ONLINE: Wie ist die Erwartungshaltung der Kroatinnen und Kroaten an diese Mannschaft?

Holiga: Es wäre kein großes Drama, wenn sie gegen Spanien ausscheiden. Zwar haben in Kroatien alle erwartet, dass die Mannschaft mindestens bis ins Viertelfinale kommt, aber wir reden über Kroatien, nicht über England oder Deutschland. Wir haben ein WM-Finale erreicht, was will man mehr? Realistisch betrachtet gibt es mindestens fünf bessere Teams als Kroatien bei dieser EM, dazu gehört auch Spanien. Ich glaube nicht, dass viele Leute sauer sind, wenn Kroatien jetzt ausscheidet, solange sie sich gut verkaufen.

ZEIT ONLINE: Wäre das endgültig das Ende von Kroatiens Goldener Generation rund um den Weltfußballer von 2018, Luka Modrić?

Holiga: Er wird bald 36. Noch hat er aber nicht über ein Karriereende in der Nationalelf gesprochen, er spielt so lange, wie er möchte und noch das Gefühl hat, dass er kann. Es hängt alles von ihm ab. Bevor er zurücktritt, gibt es keinen wirklichen Neustart, von daher ist das jetzt ein Schlüsselmoment. Auch bei Lovren und Perišić ist das Ende ihrer Nationalmannschaftskarriere abzusehen. Der Umbruch ist zur Hälfte vollzogen, aber es steht auch noch einiges bevor.

ZEIT ONLINE: Herrscht in Kroatien trotz der bisherigen Leistungen eine Fußballeuphorie?

Holiga: Die Fußballatmosphäre ist deutlich weniger spürbar als sonst. Es gibt generell nicht viele Kroaten, die jeden Tag Fußball verfolgen – außer bei großen Turnieren, dann schauen plötzlich alle. Aber dieses Jahr bleibt das aus. Wegen der Gesamtsituation rund um die Pandemie, aber auch, weil sich ein so einmaliges Erlebnis wie vor drei Jahren schwer wiederholen lässt.

ZEIT ONLINE: Also ist Spanien ihr letzter Gegner in diesem Turnier?

Holiga: Das könnte ein enges Spiel werden, ich denke, es wird durch ein Tor entschieden oder geht sogar in die Verlängerung – es sei denn, Kroatiens Abwehr ist tatsächlich noch löchriger als bisher, dann wird es ein Spaziergang für die Spanier. Kroatien wird seine Chancen haben, aber Spanien ist der große Favorit.  

ZEIT ONLINE: Kroatien hat schon gegen England gespielt, Deutschlands Gegner im Achtelfinale. Wie schätzen Sie dieses Duell ein?

Holiga: Deutschland hat auf mich bisher einen sehr wackeligen Eindruck gemacht, selbst gegen Portugal. Da haben sie eher davon profitiert, wie Portugal taktisch aufgestellt war. Bei Deutschland weiß man wirklich nicht, was man zu erwarten hat. Einerseits können sie mit ihrer Qualität sicher jeden schlagen, andererseits können sie auch gegen jeden verlieren. England auf der anderen Seite kann sehr viel besser spielen, als sie es bisher getan haben. Ich halte sie für eine bessere Mannschaft als Deutschland, auch wenn Deutschland vielleicht die individuell größere Qualität hat.

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