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Krisenkommunikation mit Thomas Müller - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Als er die Worte hörte, die aus seinem Mund kamen, musste Thomas Müller laut lachen. Er sollte sich zu seinem Mitspieler Jérôme Boateng äußern, der den FC Bayern am Saisonende verlassen muss. Und wenn es in diesen Tagen in München um Boateng geht, geht es fast automatisch auch um den Konflikt zwischen Trainer Hansi Flick, der den Fußballspieler Boateng sehr schätzt, und Sportvorstand Hasan Salihamidžić, der ihn in Abstimmung mit dem Aufsichtsrat trotzdem fortschicken wird.

Das ahnte Müller. Er versuchte es daher mit einer diplomatischen Antwort. „Wenn sich Spieler zu Transfer- beziehungsweise Vertragsgeschichten äußern würden, dann würd es ja zugehen hier...“, sagte er und machte eine kurze Pause, „…wie es ja zugeht.“ Dann lachte er aus vollem Herzen. Und als er sich nach ein paar Sekunden ein bisschen beruhigt hatte, sagte er leise: „Scheiße, da hab‘ ich mich selber erwischt!“

Am Montagmittag, dem Tag vor dem wohl wichtigsten Spiel der Saison, saß Müller mit Anzug und Krawatte im Pressestüberl in der Säbener Straße und brachte für ein paar Minuten das Lachen zurück in seinen Verein, der nicht gut über sich selbst lachen kann und momentan auch nicht viel zu lachen hat. Das hat mit dem Machtkampf in München zu tun, der mehr ist als nur der Meinungskonflikt zwischen einem Trainer und einem Sportvorstand.

Das hat aber auch mit dem Champions-League-Spiel in Paris zu tun, wo Müller und seine Mitspieler an diesem Dienstag (21.00 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Champions League und bei Sky) einen 2:3-Rückstand aufholen müssen, um noch ins Halbfinale zu kommen. Dafür müssen sie mindestens zwei Tore schießen. Ohne Robert Lewandowski, Serge Gnabry. Keine guten Aussichten.

Wenn eine Lage in München fast aussichtslos scheint, gibt es aber immer noch Thomas Müller. Er hat in der digitalen Frage-Antwort-Runde nicht nur den Machtkampf für den Moment weggewitzelt, sondern auch einen Weg angedeutet, der ins Halbfinale führen kann. An Torchancen habe es schon im Hinspiel nicht gefehlt. Und die kritischen Situationen, als die Pariser Ausnahmekönner Kylian Mbappé (zwei Tore) und Neymar (zwei Vorlagen) die Bayern überrumpelt hatten, seien auch analysiert worden. Die Lösung laut Müller: „In Detailsituationen die richtigen Entscheidungen treffen.“

Es ist noch nicht ganz klar, wen Hansi Flick spielen lassen wird (die angeschlagenen Leon Goretzka und Lucas Hernández trainierten am Montag wieder mit), aber wie er spielen lassen wird, das wissen alle. Seine Männer werden weit weg vom eigenen Tor attackieren. Und auch wenn dieser Ansatz immer mit Risiko verbunden ist, ist es der Ansatz, der die Grundlage für den Champions-League-Sieg war. „Wir müssen“, sagte Müller, „das gewisse Maß an Risiko akzeptieren.“

Am Montag sprach Müller nicht nur als Krisenkommunikator und Taktikexperte, sondern auch noch als Psychologe. Es sei für den Menschen, sagte er und verwies auf die Evolution, ganz schlimm, etwas zu verlieren. Vor allem etwas, was man schon sicher zu haben scheint. Er meinte damit die Pariser und den Vorteil, mit dem sie – womöglich ohne Torhüter Navas und Innenverteidiger Marquinos – in das entscheidende Spiel gehen. Und so sagte Müller: „Wenn wir ein Tor in Führung sein sollten, dann ist es ganz menschlich, dass beim Gegner auf einmal die Alarmglocken losgehen.“

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